Gewisse Menschen haben eine vollkommene Einsicht in das Wesen des Lebens








14... 4, 1-11: Die Vision vom Thron Gottes:
 

(1) Danach sah ich, und sieh, eine geöffnete Tür im Himmel, und die erste Stimme, die ich wie eine Trompete hörte, redet mit mir und sagt: Steige hier herauf, und ich werde dir zeigen, was danach geschehen muß!
(2) Sogleich war ich im Geist, und sieh, ein Thron stand im Himmel, und auf dem Thron sitzt einer, (3) und der da sitzt, sieht aus wie Jaspisstein und Karneol, und rings um den Thron ein Strahlenkranz, gleich einem Smaragd.
(4) Und rings um den Thron vierundzwanzig Throne, und auf den Thronen vierundzwanzig Älteste, die da sitzen, umworfen mit weißen Gewändern und mit goldenen Kränzen auf ihren Köpfen.
(5) Und aus dem Thron kommen Blitze hervor und Stimmen und Donner, und sieben Fackeln von Feuer brennen vor dem Thron, und das sind die sieben Geister Gottes,
(6) und vor dem Thron wie ein gläsernes Meer gleich Kristall.
Und inmitten des Thrones und rings um den Thron vier Lebewesen voller Augen vorne und hinten. (7) Und das erste Lebewesen gleicht einem Löwen, und das zweite Lebewesen gleicht einem Jungstier, und das dritte Lebewesen hat ein Gesicht wie von einem Menschen, und das vierte Lebewesen gleicht einem fliegenden Adler. (8) Und die vier Lebewesen, eines ums andere von ihnen haben je sechs Flügel, ringsum und innen voller Augen, und sie haben keine Ruhe Tag und Nacht und sie sagen: Heilig, heilig, heilig, Gott, der Allherrscher, der war und der ist und der kommt.
(9) Und wenn die vier Lebewesen dem Ruhm und Ehre und Dank geben werden, der auf dem Thron sitzt, der lebt in die Äonen der Äonen, (10) werden die vierundzwanzig Ältesten niederfallen vor dem, der auf dem Thron sitzt, und sie werden dem huldigen, der in die Äonen der Äonen lebt, und sie werden ihre Kränze vor den Thron werfen und sagen: (11) Würdig bist du, unser Herr und Gott, den Ruhm und die Ehre und die Kraft zu nehmen, denn du hast das All erschaffen und durch deinen Willen war es und wurde es begründet.
 

Erinnern wir uns: Johannes war "im Geist", also in Meditation - und nicht in einer psychotischen Halluzination. Er ist nicht hingerissen von einer unerklärlichen und als äußerlich erscheinenden Schau und er sieht auch nicht etwas Neues, sondern aus seiner inneren Ruhe heraus sieht er das, was er kennt, womit er sich sein ganzes Leben lang auseinandergesetzt hat und was in Worten so schwer auszudrücken ist. Und er sieht es in einem großen, symbolischen Bilderbogen, in einem Wachtraum gewissermaßen. Wir alle kennen diese Bilderwelt aus unseren eigenen Träumen. Auf einer gewissen Ebene verstehen wir also alle, auch wenn wir vielleicht nichts zu verstehen meinen.

Auf dieser Traumebene, auf der der Menschensohn auch sonst zu uns allen spricht, spricht er hier zunächst sieben typisch menschliche Reaktionen auf das Gewahrwerden des Erscheinens des Menschensohnes (in einer Art Bekehrungserlebnis) an. Der Menschensohn in Johannes adressiert "die Engel" von "sieben Gemeinden", also sieben typische Geisteshaltungen, er spricht zu dem Geist, der sich in diesen Reaktionen zeigt. Er möchte zunächst eine Reaktion des sich selbst Erkennens auslösen. Er möchte, daß die Leser seines Briefs sich angesprochen fühlen, daß sie sagen, "das hier, das bin ich", genau wie moderne Hypnotherapeuten "Pacing" einsetzen und versuchen ein "Yes-Set" zu erzeugen, weil sie wollen, daß ihr Patient sich verstanden fühlt, denn dann haben sie für alles Folgende seine ungeteilte Aufmerksamkeit und Aufnahmebereitschaft.

Die Leser, die sich in der Adresse wiedergefunden haben, befinden sich gleichzeitig auch schon auf einer anderen Ebene des Bewußtseins - weg von dem alltäglichen Bewußtsein, das sie dazu veranlaßt, den Menschensohn zu vergessen, zurück auf der Ebene, auf der sie ihn immer schon kannten, da wo auch der Seher Johannes jetzt ist und von wo aus der Prozeß der Menschwerdung als ein Ringen personifizierter kosmischer Mächte erscheint - und zunächst auch so als ob Gott wirkliche Gegenspieler hätte. Und so beginnt der große Bilderbogen des Johannes mit der Vision vom "Thron Gottes":
 

Johannes sieht eine Tür im Himmel, die geöffnet wurde, und er hört die erste Stimme wieder, "wie eine Trompete". Und die Stimme fordert ihn majestätisch auf, in den Himmel hinaufzusteigen und durch die geöffnete Tür einzutreten.

"Die erste Stimme" ist hier wie auch in unserem Leben die des

Menschensohns. Und der wird Johannes zeigen, wie der Prozeß der Menschwerdung geschieht - "was hernach geschehen muß". Die Stimme redet mit ihm "wie eine Trompete", wie ein Herold eine bedeutende Botschaft des Königs ankündigt. Johannes nimmt ihre Bedeutung wahr. Und durch ihn erinnert der Menschensohn auch uns an die Bedeutung dieser Stimme, die jeder von uns genauso kennt.

Und er führt Johannes "in den Himmel", d.h. er läßt ihn die Dinge so sehen, wie sie vom Standpunkt der Vollendung aus erscheinen, denn nur von da aus ist verständlich, "was danach geschehen muß". Das "Danach" bezieht sich auf die Ausgangsposition, in der sich der Leser in diesem Moment befindet und die der Menschensohn in seiner Adresse an die Engel der Gemeinden beschrieben hat. (1)

Johannes braucht nun keine Himmelsleiter, um hinaufzusteigen. "Sogleich war ich im Geist", sagt er und er zeigt uns damit erneut, daß er während seiner Vision gleichzeitig auf zwei Ebenen bewußt da ist. Für einen Moment war er auf der Ebene der Reflexion und nun geht er wieder auf die Ebene der Schau. Und schon ist er da, "im Geist".

Und da sieht er einen Thron im Himmel und auf diesem Thron sitzt einer, dessen Aussehen unbeschreiblich ist. Gleichsam stammelnd sucht Johannes nach Worten, "wie Jaspisstein und Karneol und der Strahlenkranz rings um den Thron wie ein Smaragd". Der da sitzt, leuchtet und funkelt wie ein Kristall. Er ist durchsichtig wie Jaspis, der farbige Quarzkristall, irgendwie menschlich, wie der fleischfarbene Karneol und er strahlt in der Farbe der Hoffnung, wie ein Smaragd. Worte können den nicht fassen, der da sitzt. Es gibt keinen adäquaten Ausdruck für das Numinose. Es läßt sich nur in Symbolen andeuten und doch ist es ein Bild, das zu uns spricht und wir verstehen auf einer ganz tiefen Ebene, während wir mit Johannes schauen (2f.):

"Vierundzwanzig Throne rings um den Thron und auf den Thronen vierundzwanzig Älteste, umworfen mit weißen Gewändern und auf ihren Köpfen goldene Kränze." Es sind vierundzwanzig "Sieger", vierundzwanzig, die im Prozeß der Menschwerdung geläutert worden sind, vierundzwanzig, in denen Gott zum Bewußtsein seiner selbst gelangt ist, vierundzwanzig wahre Könige. Zwölf und zwölf, wie die zwölf Stämme Israels und die zwölf Apostel, der Alte und der Neue Bund vereint. (4)

"Und aus dem Thron heraus gehen Blitze und Stimmen und Donner." Der auf dem Thron ist die Kraft, die Energie des Universums. Der Thron kann diese Energie nicht fassen. Auf dem Thron ist das Brauen und Glosen des Alleinen vor dem Urknall, und doch droht keine Gefahr - ein Bild der Zurückhaltung.

In Ruhe "brennen vor dem Thron sieben Fackeln von Feuer und das sind die sieben Geister Gottes." Sie erleuchten den Raum und die Zeit. Es sind die Erzengel, die Urkräfte, die aus dem Wesen der Dinge heraus alles bewegen. (5)

"Und vor dem Thron wie ein gläsernes Meer, wie Kristall" - eine unendliche Klarheit und Durchsichtigkeit geht von dem Thron aus.

Die islamische Legende illustriert die Weisheit des Königs Salomo so, daß er in einem gläsernen Palast wohnt, vor dessen Toren sich ein gläserner See ergießt; und als die Königin von Saba Salomo besucht, hält sie das kristallklare Glas für Wasser und meint, Schuhe und Beinkleider ausziehen zu müssen, um zum Eingang zu gelangen. (6)

"Und inmitten des Throns und rings um den Thron vier Lebewesen voller Augen vorne und hinten."

Die vier Lebewesen sind voller Augen. Wo du auch bist, du wirst gesehen. Vor dem auf dem Thron kannst du dich nicht verstecken, er sieht alles, überall. Und du siehst sein Gesicht aus allen Richtungen und aus jeder Richtung sieht es anders aus, wie alles, was wir sehen können, mehrere Ansichten hat. (6)

Es sind vier Lebewesen, denn der Eine auf dem Thron ist für uns noch nicht wahrnehmbar, auch die erste Zweiheit ist noch unsichtbar und ebenso die Dreieinigkeit. Das erste, was wir sehen können ist die Viel-Zahl in der Vier.

Vier Elemente, vier Ströme im Paradies, vier Lebewesen. Und die Christen haben diese Bilder auf die Evangelisten übertragen, denn in vier Gestalten erscheint auch die frohe Botschaft.

Der auf dem Thron ist die frohe Botschaft. Und er erscheint als Beherrscher der Tiere, als Löwe (Markus), als Symbol der Kraft, als Jungstier (Lukas), als Hüterin der Geheimnisse, als Sphinx ("mit einem menschlichen Gesicht", Matthäus) und als Herr der Lüfte, als Adler (Johannes). (7)

Und die vier Lebewesen auf dem Thron haben je sechs Flügel und Augen ringsum. Sie sind nicht erdgebunden, sie können überall sein und nichts bleibt ihnen verborgen.

Und diese vier Lebewesen, diese Symbole von Kraft und Herrschaft, bilden sich nichts ein auf ihre Kraft. Sie wissen, diese Kraft kommt nicht von ihnen selbst. Und das drücken sie auch aus: Tag und Nacht strömt es aus ihnen hervor: "Heilig, heilig, heilig, Herr, Gott, der Allherrscher, der war und der ist und der kommt." (8)

Und während die Lebewesen dem auf dem Thron "Ruhm und Ehre und Dank" zusprechen, fallen die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem auf dem Thron. Sie, die Hochgeehrten, nehmen ihre Siegeskränze ab und sie werfen sie vor den Thron, um zu zeigen, daß ihr Sieg nicht aus ihnen selbst kommt, sondern von ihm, der lebt von einer Ewigkeit zur nächsten. Ihm allein gebührt aller, Ruhm, alle Ehre und sein ist die Kraft, denn allein aus seinem Willen ist und kommt das All. (9-11)

Wir haben alle diese Worte schon so oft gehört, daß ihre Bedeutung kaum noch zu unserem Bewußtsein durchdringt, genauso wie die unendlichen Tiefen des Sternenhimmels durch den Licht- und Dunstschleier unserer Städte kaum noch durchdringen. Das starre Erstaunen vor der unvorstellbaren Macht und Kraft hinter dem All befällt uns nicht leicht, aber wir dürfen es uns erlauben, es in unser Bewußtsein eintreten zu lassen und dann wird der Thron Gottes, auch vor unserem geistigen Auge erscheinen und wir werden verstehen, was Johannes weiter sieht.
 
 

Weiter zu: Die meisten Menschen begreifen das Leben nicht, sie finden nur falsche Antworten (15)

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Zur Vorbemerkung
Zum Beginn des Kommentars: Der Mensch, der sehen kann, was es mit dem menschlichen Leben auf sich hat (1-6)
Zu den Adressaten des Sehers:
Die Menschen, an die er sich wenden kann, bei denen eine Aussicht besteht, daß sie seine Botschaft hören (7-13)
Zu: Die meisten Menschen begreifen das Leben nicht; sie finden nur falsche Antworten (15)
Zu: Die ersten sechs Geheimnisse des Lebens (16)
Zu: Die Besiegelung derer, die sich besinnen (17-18)
Zu: Das siebte Siegel: Zunächst Stille, die Ruhe vor dem Sturm (19)
Zu: Sie ersten sechs "Trompeten" (Warnrufe) (20-22)
Zu: Himmlische Botschaften werden an die gepeinigte Menschheit gesandt (23-25)
Zu: Die siebte Trompete: Gottes Herrschaft ist wiederhergestellt (26)
Zu: Die Frau und der Drache (27-29)
Zu: Die spektakulären, aber illusionären Phänomene des Ego verführen die meisten (30-32)
Zu: Die Wahrheit zeigt sich (33-42)
Zu: Eine Zeit der Harmonie, die Wiederkehr des Ego und seine erneute Zerstörung (43-44)
Zu: Angesichts des Todes zeigt sich die Wirklichkeit (45)
Zu: Das Leben nach der Vernichtung des Ego (46-48)
Zu: Das eben Beschriebene wird in Kürze geschehen (49)

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