Das Leben nach der Vernichtung des Ego






46... 21, 1-8: Der neue Himmel und die neue Erde
 

(1) Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde. Denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr.

(2) Und die heilige Stadt, ein neues Jerusalem, sah ich aus dem Himmel herabsteigen von Gott, bereitet wie eine Braut, die geschmückt ist für ihren Mann.

(3) Und vom Thron hörte ich eine laute Stimme, die sagt: Sieh das Zelt Gottes unter den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein. (4) Und jede Träne wird er abwischen aus ihren Augen (Jes 25, 8). Und der Tod wird nicht mehr sein, auch nicht Trauer, auch nicht Geschrei, und auch Mühe wird nicht mehr sein, weil das Erste vergangen ist.

(5) Und der auf dem Thron sitzt, sprach: Sieh, ich mache alles neu! Und er sagt: Schreib es auf, denn diese Worte sind treu und wahr! Und er sprach zu mir: Es ist geschehen. Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende. Umsonst werde ich dem Dürstenden aus der Quelle des Wassers des Lebens geben. (7) Der siegt, wird das erben. Und ich werde ihm Gott sein, und er wird mir Sohn sein (2 Sam 7, 14; Ex 11, 20). (8) Den Feigen aber und den Ungläubigen und den Verabscheuungswürdigen, den Mördern und den Hurern, den Zauberern und den Götzendienern und allen Lügnern: Ihr Anteil ist in dem brennenden See aus Feuer und Schwefel. Das ist der zweite Tod.
 

Johannes sieht nun einen neuen Himmel und eine neue Erde, weil der erste Himmel und die erste Erde vergangen sind. Das bedeutet nicht, daß Erde und Himmel durch eine kosmische Katastrophe ausgelöscht worden sind. Sie sind vergangen, weil sie vor dem Anblick dessen auf dem Thron nicht bestehen bleiben konnten. Nichts, was der alten Welt angehört, der Welt des Sündenfalls, der Welt der Unterscheidung, der Welt der Dualität, kann vor Gott bestehen. Und für alle Menschen, die durch den Prozeß des Gerichts gegangen sind, hat sich die alte Welt aufgelöst und eine neue Welt ist erschienen. Äußerlich hat sich nichts verändert und doch hat sich alles verändert. (1f.)

Um das zu verstehen, müssen wir uns an Paradies und Sündenfall erinnern: Jedes Lebewesen, ja schon jedes Elektron, Photon oder Quark, spürt in sich den Einfluß aller wirkenden Kräfte und es reagiert entsprechend seiner Natur. Die Menschen jedoch haben erstmalig in der Schöpfung zusätzlich zu ihrem Spüren noch die Möglichkeit, das Ganze zu zerteilen, Begriffe zu bilden und "Objekte" zu schaffen. Und mit ihren Objekten werden sie auch selber zum Objekt und herausgelöst aus der Einheit mit allem. Und jetzt braucht es ein "Gericht", um das Ganze als solches wiederherzustellen, etwas, das die Menschen veranlaßt, sich abzuwenden von dieser Art, ihr Leben zu lenken und zurückzukehren zur Einheit. Und da ist dann auch die Welt wieder eine andere, nicht mehr eine Welt von Gegenständen, die durch Begriffe definiert werden und die die Menschen nur vermittelt durch diese Begriffe auch wahrnehmen, denn jetzt ist nichts mehr dazwischengeschaltet. Jetzt können die Menschen wieder unmittelbar wahrnehmen.

Solange ihre Wahrnehmung durch ihre Begriffe gefiltert war, war alles alt und schematisch, nämlich so alt und schematisch wie ihre Begriffe. Doch jetzt ist alles wieder neu für sie. (1)

Und jetzt kommt aus dem Himmel auch eine neue heilige Stadt, ein neues Jerusalem. Das neue hat nichts zu tun mit dem alten Jerusalem und obwohl es "heilige Stadt" genannt wird, ist es gar keine Stadt und es kommt auch nicht in dem Sinn "vom Himmel herab", daß es vorher nicht existiert hätte. Äußerlich verändert sich nämlich gar nichts. Nur die Menschen, die das Gericht erfahren haben, haben sich verändert und dadurch hat sich für sie die ganze Welt verändert.

Während das alte Jerusalem nur für ein bestimmtes Volk das Leben aus dem Geist symbolisierte, ist das neue Jerusalem die Welt aller Erlösten aller Völkern.

Und die Welt in der sie nun leben ist nicht irgendwo hinter den Wolken, sondern sie ist nach wie vor konkret und hier auf der Erde. Es ist ein funktionierendes soziales Ganzes - deshalb sieht es Johannes als eine "Stadt" - mit Arbeit, Geschäften und Erholung, mit Anstrengung und Entspannung, mit Angenehmem und mit Unangenehmem.

Für diejenigen, die das Gericht noch nicht erfahren haben, ist es die gleiche alte Welt, die Welt, in der wir jetzt leben. Es ändert sich absolut nichts an ihr und doch ist sie gänzlich verwandelt für die, die wiedergeboren worden sind aus dem Geist. Und wenn wir aus dem Geist geboren worden sind, ist sie für uns wie eine Braut, die sich für uns geschmückt hat.

Einerseits sind wir zwar selbst die Braut, die geschmückt ist für den Bräutigam, der uns in dieser neuen Welt begegnet. Andererseits sind wir aber gleichzeitig auch der Bäutigam, da nun doch Gott in uns erscheint, wie er damals in Jesus erschienen ist.

Jeder/jede Erleuchtete erlebt, wie die Welt für ihn/sie bereit ist, wie sie wartet und wie sie ihm/ihr einen Empfang von der Art bereitet, wie die Menschen in Jerusalem es "am Palmsonntag" für Jesus getan haben, wie sie es für die indischen Gurus tun oder für die Sufi-Scheichs oder für die Zen-Meister. (2)

Und nun wird das durch eine Stimme, die vom Thron her kommt, erklärt: Das liegt daran, daß Gott unter den Menschen wohnt. Er wohnt auch bei denen, die davon nichts wissen, sogar bei denen, die sich gegen so eine Behauptung verwahren würden. Alle Menschen, die guten und die schlechten, die Erlösten und die Verdammten, werden doch berührt von so einer Begegnung. Sie gehören schon zum Volk Gottes und Gott selbst ist schon bei ihnen. Und doch wird das in Zukunft noch mehr so sein und nocheinmal ganz anders.

Alle Menschen sind ja göttlichen Urpsrungs und alle haben in sich die Sehnsucht, zu diesem Ursprung zurückzufinden. Und in allen arbeitet etwas in diese Richtung - und mögen sie im Augenblick auch noch so weit entfernt erscheinen. Irgendwann wird es so weit sein. Da wird Gott auch in ihnen sichtbar werden. Daran glauben die Hindus und die Buddhisten, die ja sagen, daß ein Mensch so lange immer wieder auf dieser Erde geboren werden muß, bis sein Gericht vollendet ist, also bis er seine Natur erkannt hat, die letzten Endes Gott ist (3).

Und was sie im unerlösten Zustand auch alles erdulden müssen, das Schlimmste sind die Schmerzen des Gerichts. Doch durch die darauffolgene Begegnung mit ihrem Ursprung wird das alles mehr wie aufgewogen. Dann wird es keine Trauer mehr geben und kein Geschrei und keine Plage. Der aus dem Geist neu Geborene wird zwar weiterhin Schmerzen ertragen müssen und er wird sich auch weiterhin anstrengen, doch er wird keinen Grund mehr sehen, sich darüber zu beklagen, denn er ist ja nicht mehr isoliert und verlassen, wie vor der Erlösung, in der Zeit des Exils, denn die Erlöstensondern sind verbunden mit der Quelle des Lebens.

Und daher wird auch der Tod mehr sein. Das physische Ende eines Erleuchteten ist nicht vergleichbar mit dem schrecklichen Hinweggerissenwerden eines Unerleuchteten. Es ist eher ein freiwilliges Sich-Lösen aus einer abgeschlossenen Phase des Lebens, um von da in die nächste Phase einzutreten (4).

Und der auf dem Thron sitzt, sagt, daß er es ist, von dem das ständig Neue ausgeht. Und er befiehlt Johannes, es aufzuschreiben, weil es wahr ist.

Und er sagt: "Es ist geschehen!" Die Neuschöpfung der Welt ist bereits geschehen, sie ist immer schon geschehen. Es ist nicht so, daß damals, vor soundsoviel Jahren eine Welt geschaffen worden ist, die in soundsoviel Jahren zerstört werden wird und daß dann eine neue Welt geschaffen wird, sondern die eine Welt wird ständig geschaffen und zerstört und deshalb ist sie schon immer neu. Aus dem auf dem Thron geht sie hervor. Er ist der ständig wirkende Anfang und das ständig wirkende Ende. "Der auf dem Thron" ist, hinduistisch gesprochen, Vishnu und Shiva in einem.

Und er gibt dem, der dürstet, Wasser aus der Quelle des Lebens. Umsonst gibt er jedem, der dürstet. Das ist die einzige Bedingung. Es braucht keine Verdienste. Es braucht keine Gegenleistung. Es braucht nur Durst. Doch wer dürstet schon nach dem Wasser des Lebens? Die meisten Menschen dürsten nach Luxus und Wohlstand oder nach Anerkennung und auf die Begegnung mit ihrem Ursprung hoffen sie nicht, ja sie fürchten den Augenblick, an dem das geschieht, denn das ist der Tod für sie, auch wenn es nur der Tod ihrer Illusionen ist. (6).

Der, der siegt, wird das neue Leben erben. Diejenigen, die in ihrer Suche durchhalten, die sich nicht ablenken und billig abspeisen lassen, werden sich selbst als Kinder des Allerhöchsten erfahren. Und sie werden sich fortan als solche verhalten, indem sie sich lenken lassen, wie Jesus sich lenken ließ, von dem Gespür für die Wahrheit, das sie von Anfang an haben (7).

Anders aber wird es den Feigen ergehen, denen, die sich fürchten vor der Meinung der anderen, die es nicht wagen, sie selbst zu sein. Sie werden die Einheit nicht erfahren, sie werden gespalten bleiben und in diesem Zweispalt schließlich verbrennen. Genauso die "Ungläubigen", die Verabscheuungswürdigen, die Mörder, die Hurer, die Götzendiener und alle Lügner, also die Mißtrauischen, die sich ewig zurückhalten, die Windbeutel, die keinen Respekt haben vor dem Leben, die sich das Leben erkaufen wollen, die Abhängigen und alle, die nicht nach der Wahrheit streben. Ihr Los ist der Feuersee. Die innere Spaltung tut weh. Sie brennt. Und wenn der letzte Augenblick ihres Lebens gekommen ist, werden diese Menschen sehen, daß sie ihre Chance "auf ewig" vertan haben.

Das ist der zweite Tod. Der erste Tod war der physische Tod. Das war nicht der eigentliche Tod. Der eigentliche Tod ist dieses Verbrennen am Ende der Zeit (8).
 
 
 
 
 
 
 

47... 21, 9-21: Das neue Jerusalem
 

(9) Und es kam einer von den sieben Engeln, die die sieben Schalen hatten, voll mit den letzten sieben Schlägen. Und er redete mit mir und sagte: Hierher! Ich werde dir die Braut zeigen, die Frau des Lammes. (10) Und er trug mich im Geist fort auf einen großen und hohen Berg, und er zeigte mir die Stadt, die heilige, Jerusalem. Aus dem Himmel herabsteigend von Gott (11) hat sie die Ausstrahlung Gottes: Ihr Leuchter ist wie ein sehr wertvoller Stein, wie ein kristallener Jaspisstein.

(12) Sie hat eine große und hohe Mauer mit zwölf Toren und auf den Toren zwölf Engel und Namen angeschrieben, die die Namen der zwölf Stämme der Söhne Israels sind: (13) im Osten drei Tore und im Norden drei Tore und im Süden drei Tore und im Westen drei Tore. (14) Und die Mauer der Stadt hat zwölf Grundsteine und auf ihnen die zwölf Namen der zwölf Apostel und des Lammes.

(15) Und der mit mir redete, hatte ein Maß, ein goldenes Rohr, um damit die Stadt und ihre Tore und ihre Mauer zu messen. (16) Und die Stadt liegt viereckig, und ihre Länge ist so groß wie die Breite. Und er maß die Stadt mit dem Rohr auf zwölftausend Stadien. Die Länge und die Breite und die Höhe von ihr sind gleich. (17) Und er maß ihre Mauer mit hundertvierundvierzig Ellen nach Maß eines Menschen, das ist eines Engels.

(18) Und das Baumaterial ihrer Mauer ist Jaspis, und die Stadt reines Gold gleich reinem Glas. (19) Die Grundsteine der Mauer der Stadt geschmückt mit jedem kostbarem Stein: Der erste Grundstein ist ein Jaspis, der zweite ein Saphir, der dritte ein Chalzedon, der vierte ein Smaragd, (20) der fünfte ein Sardonyx, der sechste ein Karneol, der siebte ein Chrysolith, der achte ein Beryll, der neunte ein Topas, der zehnte ein Chrysopas, der elfte ein Hyazinth, der zwölfte ein Amethyst.

(21) Und die zwölf Tore zwölf Perlen, ein jedes der Tore war aus je einer Perle. Und die Straße der Stadt reines Gold wie durchsichtiges Glas.
 

Der gleiche Engel, der das Gericht gebracht hat, bringt auch die neue Welt. Durch den Prozeß des Gerichts erst kann ja die neue Welt erscheinen, denn durch das Gericht erscheint das Lamm oder, besser, das Gericht führt den betroffenen Menschen auf eine andere Ebene seiner Existenz, auf die Ebene, auf der das Lamm immer schon da ist.

Dieser Engel, dieser Bote Gottes also zeigt Johannes jetzt, welche Folgen das hat. Er zeigt ihm "die Braut des Lammes". Wenn ein Mensch durch das Gericht auf die Ebene des Lammes gehoben wurde, dann ist er wieder unschuldig geworden, dann bestimmt er nicht mehr selber, was geschehen soll, dann läßt er sich führen, wohin ihn sein Herr Gott, JAHWE, auch führt. Er ist geworden wie Jesus, der sagt: "Ich tue nicht meinen Willen, sondern den Willen meines Vaters." (9)

Von wo her kennt er den Willen des Vaters? Durch seine Sensitivität, durch seine feine Aufmerksamkeit, durch sein Gespür für das Wahre. Aber was nimmt er wahr? Natürlich nicht eine seltsame Botschaft aus dem Jenseits, sondern einfach das, was da ist. Dadurch, daß er seiner Wahrnehmung keine Vorstellungen entgegenstellt oder überstülpt, ist er frei für die Wahrheit, also frei für den Willen des Vaters, der ihm/ihr ja in Form dessen, was da ist, gegenübertritt. Und der dafür frei ist, ist, wie Jesus, selbst das Lamm.

Und nun kommt "die Braut, die Frau des Lammes", die Weggefährtin des Lammes: Es ist "die Stadt, die heilige", die in diesem wie in jedem anderen Augenblick gerade eben "aus dem Himmel herabsteigt von Gott". "Die Braut des Lammes" ist seine Welt. Und diese Welt "hat die Ausstrahlung Gottes".

Ist das neue Jerusalem, das Johannes hier sieht, also eine Welt, die erschaffen wird, nachdem die alte Welt in einem materiellen Sinn zerstört wurde? Wir brauchen uns nur selbst an die verschiedenen Welten erinnern, die wir schon durchlebt haben, an all die Höllen und Himmel, durch die wir gegangen sind, dann erinnern wir uns auch, daß sich da nicht die Welt draußen geändert hat, sondern nur unsere Perspektive. Aus der Perspektive des Lammes ist die Welt ein Wunder und sie ist in jedem Augenblick ganz neu und in jedem Augenblick kommt sich direkt von Gott aus dem Himmel herab. Es ist nicht irgendeine andere Welt, die es jetzt noch nicht gibt, sondern genau die Welt, die uns auch jetzt umgibt, ist dann eine völlig andere, eine absolut wunderbare Welt für uns, auch wenn sie für andere immer noch eine schreckliche Hölle ist. Diese wunderbare Welt also ist die Braut des Lammes. (9f.)

Für den Menschen, der durch das Gericht zum Lamm geworden ist, kommt sie zu jeder Zeit als seine neue "Stadt" aus dem Himmel herab. "Und einige von denen, die hier stehen, werden nicht sterben, bevor das geschieht" (Mt 16, 28), das hat Jesus seinen Zeitgenossen gesagt. Das neue Jerusalem ist also bereits aus dem Himmel herabgekommen, es ist also bereits da und wir brauchen nur noch zum Lamm werden, damit auch wir es wahrnehmen können. Wiedergeboren aus dem Geist können wir die heilige Stadt sehen samt ihrer göttlichen Ausstrahlung. Überall nimmt ein Wiedergeborener sie wahr, denn wohin er auch blickt, wasimmer er tut, überall begegnet er nur dem Wunder.

Und im Folgenden beschreibt Johannes das Wunder: Alles ist für ihn wie aus wertvollstem Edelstein. (10f.)
 

Die Stadt "hat eine große und hohe Mauer". Sie ist nicht unbegrenzt. Niemand kommt hinein, außer durch ein Tor. Obwohl die, die drin sind, sich frei bewegen können, ist sie doch von außen her geschützt - und auch die Zahl derer, die darin Aufnahme finden, ist begrenzt.

Die Mauer hat zwölf Tore und auf den Toren Engel und die Namen der zwölf Stämme Israels. Seit je her wird der Eingang ins Paradies von einem Engel bewacht. Es ist der Erzengel Michael mit seinem feurigen Schwert und seiner Frage "wer ist wie Gott?". Er wehrt jeden ab, der nicht bereit ist, jeden, der noch selbst wer sein will, jeden, der sich noch nicht vom göttlichen Willen führen läßt.

Das Paradies hat nicht nur einen Eingang, sondern zwölf Eingänge. So wie die zwölf Stämme Israels alle Typen von Menschen repräsentieren, ähnlich den zwölf Tierkreiszeichen in der Astrologie, so gibt es für jeden Charaktertyp ein anderes Tor. Und über jedem Tor steht der Name dieses besonderen Menschenschlags, damit jeder den seinen auch finden kann. Jede der vier Himmelsrichtungen hat drei Tore. In jeder Kultur gibt es die Symbolik der vier Himmelsrichtungen und es gibt eine erstaunliche Übereinstimmung in der Bedeutung, wenn etwa der Westen der Introspektion und Intuition zugeordnet wird, der Süden der Unschuld, der Norden dem Intellekt und der Osten der Aufmerksamkeit nach außen. Aus jeder dieser Richtungen können Menschen in die heilige Stadt gelangen. (12f.)

Und die Mauer der Stadt hat zwölf Grundsteine, die die Namen der zwölf Apostel und des Lammes tragen. Jeder, der die Stadt sehen kann, ist nicht durch eigene Anstrengung in sie hineingekommen, sondern durch die Arbeit der "Apostel", der Abgesandten des Lammes. In jeder Kultur gibt es die Abgesandten des Lammes. Die Apostel sind nicht etwas spezifisch Christliches. Ihre Aufgabe ist es, jenen Bereich des menschlichen Seins zum Aufleuchten zu bringen, einen Menschen also auf jene Ebene seiner selbst zu bringen, auf der er die Welt so sehen kann, wie sie ist: als göttliche Emanation. Bei den Hindus tun das die Sadgurus, bei den Naturvölkern die Medizinmänner, bei den Moslems die (Sufi-)Scheichs, bei den Buddhisten die Rinpoches und andere Meister. Sie alle sind letzten Endes Abgesandte des Lammes. (14)

Und der Engel, der Johannes all das zeigt, hat einen Maßstab, ein goldenes Rohr, und mit ihm vermißt er die Stadt. In der heiligen Stadt ist alles in Proportion. Alles ist genau da, wo es sein sollte. Alles entspricht dem goldenen Maßstab, auch das Leben darin. (15)

Und die Stadt ist viereckig, die Länge gleich wie die Breite. Viereckig heißt geordnet. Und daß Länge und Breite und Höhe gleich sind bedeutet: Sie ist nicht kompliziert, sondern höchst einfach. (16a)

Und die Stadt erstreckt sich auf 12 x 1000 Stadien in jede Richtung. Es ist also genügend Platz darin für jeden der zwölf Menschentypen. Alle werden ihr Gebiet haben. Zwölftausend Stadien ist im heutigen Maß außerdem etwa 12x200 Meter, also 2400 Meter in eine Richtung, und das ist eine für jeden überschaubare Größe, die doch schon große Komplexität zuläßt.

Und die Mauer ist hundertvierundvierzig Ellen hoch, "nach Menschenmaß, das das Maß eines Engels ist". 144 ist wieder 12 x 12. Sie ist unerstürmbar und für jeden der verschiedenen menschlichen Charaktere hält sie ihre Abwehr bereit. Die Mauer symbolisiert die Abwehrkraft des Menschen, der wiedergeboren ist aus dem Geist. Der Maßstab, mit dem gemessen wird, ist ein menschlicher, aber nicht ein ausgedachter, sondern der natürliche Maßstab, der direkt von Gott kommt. (17)
 

Und nocheinmal: Für den, der ins Paradies zurückgekehrt ist, gibt es kein Schema mehr und nichts Gewöhnliches. Wohin er auch blickt, er sieht nur das in jedem Augenblick neue, göttliche Leben. Überall sieht er das Wunder. Und so ist alles kostbar und rein und klar. Und aus dieser Perspektive besteht die Mauer der heiligen Stadt aus Edelstein, aus kostbarem Jaspis. Und die Stadt selbst besteht aus Gold so klar wie reines Glas.

Für den zum Lamm Gewordenen ist alles durchsichtig. Nichts ist verborgen, alles ist klar. So ist Jesus den Menschen begegnet. Das Lamm in ihm konnte allen bis auf den Grund ihrer Seele schauen. Nichts blieb verborgen. Deshalb konnte er in jedem Menschen genau jenen Punkt berühren, durch den die Veränderung eintreten kann. Und so wird es nach dem Prozeß des Gerichts bei allen sein, in denen der Menschensohn wiedergekehrt ist. Nach außen hin wird die Welt die gleiche sein, wie vor Ihrer Transformation, aber für sie wird alles verändert sein, kostbar und durchsichtig in jedem Detail. (18)

Und die zwölf Grundsteine der Stadt funkeln in kristallenem Glanz. Es sind ja die Abgesandten des Lammes, auf denen das neue Jerusalem beruht. Jeder von ihnen ist ein einziger Kristall. In jedem von ihnen ist aus dem vorangegangenen Chaos kristallklare Ordnung geworden. Jeder von ihnen ist in seiner spezifischen Originalität auskristallisiert. Und jeder, der bewußt in dieser Stadt lebt, ist selbst zu einem Edelstein geworden. Und er sieht die Kostbarkeit der Eingänge in diese Stadt. Es gibt nichts Kostbareres. Im Gleichnis Jesu verkauft ein Kaufmann seinen ganzen Besitz für eine einzige Perle und hier finden wir jene einzigartige Perle als das Tor zum Paradies. Der Eingang ins Paradies ist das Kostbarste überhaupt. Es gibt doch nichts Wichtigeres im Leben eines jeden Menschen als hier einzutreten. Und so ist eine jedes der zwölf Tore eine einzige Perle. Und die Straße der Stadt, der Weg, den die Erleuchteten gehen, ist der edelste Weg, ein Weg aus Gold, und so klar wie durchsichtiges Glas. (19-21)
 
 
 
 
 
 

48... 21, 22 - 22, 5: Das Leben in der heiligen Stadt
 

(22) Aber einen Tempel sah ich nicht in ihr, denn der Herr, Gott, der Allherrscher, ist ihr Tempel, und das Lamm. (23) Und die Stadt hat die Sonne nicht nötig noch den Mond, damit sie ihr scheinen, denn die Ansicht Gottes erleuchtete sie, und ihre Leuchte ist das Lamm. (24) Und aufgrund ihres Lichts werden die Völker wandeln. Und die Könige der Erde bringen ihre Ehre in sie ein. (25) Und ihre Tore werden tags nicht geschlossen werden, und Nacht wird dort nicht sein. (26) Und sie werden den Ruhm und die Ehre der Völker in sie hineinbringen. (27) Und nicht hineingehen in sie wird jegliches Gemeine, noch Übeltäter oder Lügner, sondern nur die im Buch des Lebens des Lammes verzeichnet sind.
 

(1) Und er zeigte mir den Fluß des Wassers des Lebens, strahlend wie Kristall. Der geht vom Thron Gottes und des Lammes aus. (2) Mitten in ihrer Straße und diesseits und jenseits des Flusses der Baum des Lebens, der zwölf Früchte bringt im Jahr. Und ein jeder gibt jeden Monat seine Frucht ab, und die Blätter des Baumes zur Heilung der Völker.

(3) Und nicht mehr sein wird jeglicher Fluch. Und der Thron Gottes und des Lammes wird in ihr sein, und seine Knechte werden ihm dienen. (4) Und sie werden sein Angesicht sehen, und sein Name auf ihren Stirnen. (5) Und Nacht wird nicht mehr sein, und das Licht eines Leuchters haben sie nicht nötig, noch das Licht der Sonne, weil der Herr, Gott, über ihnen leuchten wird. Und sie werden herrschen in die Äonen der Äonen.
 

Einen Tempel gibt es nicht in der heiligen Stadt. Es braucht keinen Tempel mehr. Denn "die Stunde", von der Jesus zu der Samariterin am Jakobsbrunnen spricht, ist hier immer da. Die Menschen brauchen Gott hier weder im Tempel noch auf dem Berg anbeten, denn sie beten ihn ohnehin in jedem Augenblick "im Geist und in der Wahrheit" an (Joh 4, 21). Sie sind stets unmittelbar mit Gott verbunden. Sie selbst sind das Lamm, das sich von ihm führen läßt. Und ihr eigener Körper ist der Tempel, in dem der Heilige Geist immer anwesend ist. (22)

Und daher brauchen die Menschen in dieser Stadt auch keine äußere Orientierung mehr. In jedem Moment empfangen sie ja die Signale der göttlichen Führung. Sie brauchen die Daten, die sie über ihre Sinne empfangen, nicht mehr mithilfe ihrer Vorstellungen bearbeiten, bevor sie handeln können. Sie empfangen viel mehr, als über die Sinne kommt, und alles ist im Augenblick der Wahrnehmung bereits verarbeitet, denn sie sehen alles aus dem Blickwinkel des Ganzen. Und der Blickwinkel des Ganzen ist der Blickwinkel Gottes, und ihn empfängt das Lamm. Und durch ihn sieht es, wohin es auch blickt, die ganze Tiefe des Seins. Von überall her strahlt ihm daher "der Ruhm" oder "die Herrlichkeit" (= "doxa") Gottes entgegen (23)

Und in dem Licht, das durch das Lamm hindurchscheint, können ganze Völker durchs Leben gehen. Und weil sie ihr eigenes Leben in diesem Licht sehen, bringen die Könige der Erde ihre Ehre ein in die heilige Stadt. Sie beanspruchen diese Ehre nicht mehr für sich selbst, sondern sie begreifen sie als Teil des Wunders der ewigen Schöpfung. (25)

Und die Tore der heiligen Stadt stehen offen den ganzen Tag und Nacht gibt es nicht. Das Paradies steht immer allen offen. Es ist immer da als ein ständiges Angebot an alle. Und auch der Weg ist immer sichtbar, wenigstens der nächste Schritt und dieser nächste Schritt ist das Tor und das ist den ganzen Tag geöffnet und Nacht gibt es nicht. Und der ganze Ruhm und die ganze Ehre der Völker geht in sie ein, denn aller Ruhm und alle Ehre beruhen letzten Endes darauf, die Menschen in der heiligen Stadt der überall wirkenden schöpferischen Intelligenz keinen Eigenwillen entgegensetzen. Und der Geist der Bewohner der heiligen Stadt ist der Geist "des Lammes", "des Nirvana", "der Leere", und so kann das, was die Japaner "Ki" nennen, auf seine natürlich-wunderbare Weise wirken. (26)

Das Gewöhnliche jedoch oder Übeltäter oder Lügner können das Tor nicht passieren, sondern nur die, die im Buch des Lebens des Lammes verzeichnet sind. Die im Buch des Lebens des Lammes verzeichnet sind, haben ihr Leben zurückgelegt in die Hand des Vaters. Sie leben, wie Jesus, direkt aus der Quelle. Sie sind die bewußten Bewohner des neuen Jerusalem. Die anderen, die Lügner, leben genauso da, aber sie wissen es nicht. Sie haben sich Bilder gemacht und sie erleben nur die langweilige, ständige Wiederholung dieser Bilder. Und irgendwo wissen sie das auch, aber sie machen sich etwas vor, um ihre Illusion von eigenständiger Größe aufrechtzuerhalten, um sich eben nicht der Führung durch das Ganze überlassen zu müssen, um nicht zum Lamm zu werden. (27)
 

Aber für die, die es wahrnehmen können, ist der Fluß des Wassers des Lebens jetzt da, strahlend wie Kristall. Und dieser Strom geht aus vom Thron Gottes und des Lammes. Die sich vom Ganzen führen lassen, wissen sich selbst als Teil dieses Stroms des ewigen Lebens. Durch die Abwesenheit ihres Eigensinns wissen sie sich eins mit Gott und mit dem Lamm. (1)

Mitten in ihrer Straße, und diesseits und jenseits des Flusses, also überall steht für sie der Baum des Lebens. Die Straße des neuen Jerusalem ist der Weg derer, die sich führen lassen wie das Lamm. Und auf diesem Weg steht der Baum des Lebens - so wie vor ihrer Verwandlung der Baum der Erkenntnis auf ihrem Weg gestanden hatte. Und so wie sie zuvor dessen Früchte genossen hatten, so genießen sie jetzt die Früchte vom Baum des Lebens. Und der Baum des Lebens bringt jeden Monat seine Frucht. So wie jeden Monat im Eierstock der Frau ein Ei reift, in so natürlichem Rhythmus reift alles, was die Bewohner des neuen Jerusalem "tun". Und sie behalten ihre Frucht nicht für sich, so wie unerlösten Menschen die Früchte vom Baum der Erkenntnis für sich behalten haben, sondern sie geben jede Frucht ab, sobald sie reif ist. Und ihre Linke weiß dabei nicht, was ihre Rechte tut (Mt 6,3).

Und der Baum des Lebens trägt nicht nur Früchte, sondern auch Blätter. Die eins sind mit dem ewigen Leben, bringen nicht nur wertvolle Ergebnisse hervor, schon ihr bloßes Dasein wirkt lindernd und heilend auf die Leiden der Menschen. (2)

Und alle Arten von Verhängnis sind aufgehoben, weil die Erlösten ja das Wesen sehen und nicht mehr an der Oberfläche haften bleiben. Und Gott, also das eine Ganze wird im neuen Jerusalem herrschen durch den Geist des Lammes. Und seine Bewohner, die erlösten Menschen, werden nicht für sich selbst da sein wollen, sondern sie werden dem Ganzen dienen, Knechte des Ganzen sein. (3)

Und deshalb werden sie (überall) dieses Eine sehen, JAHWE. Und alle, die sie sehen, werden Ihn in ihnen sehen. (4)

Und Dunkelheit wird es für sie nicht mehr geben. Die Gefahr eines Rückfalls ist gebannt. Wenn ein Mensch auf seinem Weg ins Paradies eine bestimmte Schwelle überschritten hat, nämlich wenn er wirklich zum Lamm geworden ist, dann hat er die ganze Wahrheit gesehen und von da an ist der bloße Schein keine Versuchung mehr. Und sie brauchen auch keinen mehr, der ihnen den Weg weist, denn sie sehen ihn von nun an selbst, weil sie sich ja nicht mehr selbst lenken, sondern weil das Eine sie lenkt, weil sie und das Eine eins geworden sind. Und deshalb herrschen nun auch sie mit dem Einen durch alle Zeiten hindurch. (5)
 
 

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Zur Vorbemerkung
Zum Beginn des Kommentars: Der Mensch, der sehen kann, was es mit dem menschlichen Leben auf sich hat (1-6)
Zu den Adressaten des Sehers:
Die Menschen, an die er sich wenden kann, bei denen eine Aussicht besteht, daß sie seine Botschaft hören (7-13)
Zu: Gewisse Menschen haben eine vollkommene Einsicht in das Wesen des Lebens (14)
Zu: Die meisten Menschen begreifen das Leben nicht; sie finden nur falsche Antworten (15)
Zu: Die ersten sechs Geheimnisse des Lebens (16)
Zu: Die Besiegelung derer, die sich besinnen (17-18)
Zu: Das siebte Siegel: Zunächst Stille, die Ruhe vor dem Sturm (19)
Zu: Sie ersten sechs "Trompeten" (Warnrufe) (20-22)
Zu: Himmlische Botschaften werden an die gepeinigte Menschheit gesandt (23-25)
Zu: Die siebte Trompete: Gottes Herrschaft ist wiederhergestellt (26)
Zu: Die Frau und der Drache (27-29)
Zu: Die spektakulären, aber illusionären Phänomene des Ego verführen die meisten (30-32)
Zu: Die Wahrheit zeigt sich (33-42)
Zu: Eine Zeit der Harmonie, die Wiederkehr des Ego und seine erneute Zerstörung (43-44)
Zu: Angesichts des Todes zeigt sich die Wirklichkeit (45)
Zu: Das eben Beschriebene wird in Kürze geschehen (49)

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