Die Frau und der Drache
 
 
 

Mutter Natur bringt ständig unter Schmerzen neues Leben hervor,
unschuldig.

Das Ego will selbst etwas tun, etwas beweisen, etwas sein,

ist eifersüchtig auf die Natur, kämpft gegen sie, sucht, sie zu zerstören






27... 12, 1-6: Die Frau und der Drache
 

(1) Und ein großes Zeichen erschien am Himmel: eine Frau, bekleidet mit der Sonne. Und der Mond ist unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt. (2) Und sie ist schwanger. Und sie schreit, weil sie Geburtswehen hat und sich beim Gebären quält.

(3) Und ein anderes Zeichen erschien am Himmel, und sieh: ein Drache, groß und feuerrot, mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und auf seinen Köpfen sieben Diademe.

(4) Und sein Schwanz fegt ein Drittel der Sterne vom Himmel und warf sie auf die Erde.

(5) Und der Drache hat sich vor die Frau gestellt, die daran war zu gebären, um, sobald sie gebäre, ihr Kind aufzufressen. Und sie gebar einen Sohn, ein Männliches, der alle Völker weiden wird mit eisernem Stab. Und ihr Kind wurde fortgerissen zu Gott und zu seinem Thron. (6) Und die Frau floh in die Wüste, wo sie einen Platz hat, von Gott bereitet, damit man sie dort nähre tausendzweihundertsechzig Tage lang.
 

Ein Zeichen erscheint: eine Frau mit der Sonne bekleidet, den Mond zu Füßen und einen Kranz von Sternen um ihr Haupt. Sie ist schwanger und gebiert einen Sohn. Wir kennen das Bild. Tausendfach ist es in der sakralen Kunst dargestellt: die Jungfrau Maria, die Mutter Jesu. Und damit scheint der Fall abgeschlossen. Aber ist das wirklich alles, was Johannes uns sagen will? Wieder einmal sind wir in Gefahr,

uns vom Ballast unserer Geschichte einengen zu lassen und die Gewalt des Bildes nicht zu uns durchdringen zu lassen.

Nüchtern betrachtet, ist die "Frau", die Johannes sieht, offenbar nicht ein konkreter Mensch. Welcher konkrete Mensch könnte denn die Sonne als Kleid tragen? Da sind andere Dimensionen angesprochen, universelle, kosmische Dimensionen. Die "Frau" erscheint zwar in menschlicher Gestalt, ist aber nicht ein Mensch, sondern das schöpferische Prinzip selbst, aus dem alles hervorgeht, die göttliche Mutter Kali, das Symbol des Ursprungs.

Die Sonne ist ihr Kleid. Reines Licht strahlt sie aus. Das Schöpferische ist ja die sich selbst verströmende Energie.

Bevor irgendetwas war, war Gott allein, doch sein Wesen ist von Anfang an das sich Hergeben, die Hingabe. Von Anfang an also ist in Gott der Wunsch, sich nicht für sich zu behalten, sondern sich zu verschenken. Zunächst aber ist es nur ein Verlangen, dunkel, unklar, wie die Erde vor der Erschaffung des Lichts.

Der Grund, auf dem das Schöpferische steht, ist das Licht der Nacht, das unendliche Reich der Träume, der Phantasie, der Ideen. In diesem Reich jenseits der Dinge gründet alles, was ist. Deshalb hat die Frau den Mond zu ihren Füßen.

Und ein Kranz von zwölf Sternen umrankt ihr Haupt. Die Sterne sind ihre Krone. Zwölf Himmelslichter bilden ihre Kronjuwelen. Zwölf wie die zwölf Stämme Israels, wie die zwölf Apostel, wie die zwölf Monate, wie die zwölf Tierkreiszeichen, die ja auch Sternbilder sind und die in ihrer Zwölfzahl die ganze Verschiedenheit aller Zeiten und Räume umfassen. (1)

Und die Frau ist schwanger. Von Urbeginn an ist die Frau schwanger. Sie ist das Bild für den sich selbst entäußernden Schöpfer, der schwanger ist mit dem Wunsch, ein Gegenüber zu haben, in dem er/sie sich selbst erkennen kann.

Und die Frau schreit in ihren Geburtswehen. In der Phase des physischen Ablösung ist der schöpferische Prozeß immer ein schmerzhafter Prozeß. Nur wenn die Schmerzgrenze überschritten wird, bildet sich etwas wirklich Neues. (2)
 

Und ein zweites Zeichen erscheint: ein Drache. In der chinesischen Kultur ist der Drache das erste Symbol der schöpferischen Kraft, hier aber erscheint er als Gegenspieler des sich selbst entäußernden Schöpfers, beinahe wie in der Gnosis der Herr der Finsternis. So scheint es zunächst. Der Drache will das "Kind" der "Frau" fressen, sobald es geboren ist. (2-4)

Dieser Drache ist offenbar identisch mit der Schlange im Paradies. Von Anfang an hat er die Menschenkinder verführt. Mit dem Diadem auf seinem Kopf hat er sie hypnotisiert. Das Funkeln seiner Brillianten hat sie wie magisch angezogen. Das Symbol seiner Macht hat ihnen imponiert. Von Anfang an schüchtert es sie entweder ein oder es verlockt sie zu glauben, sie könnten selbst göttliche Macht erlangen. Und immer noch verführt das Funkeln der Diademe die Menschen, sich den Mächtigen zu unterwerfen oder selbst nach Macht zu streben und es macht sie glauben, sie könnten im selbstgemachten Glanz erstrahlen und zugleich die Schmerzen des schöpferischen Prozesses vermeiden.

Der Drache ist groß und feuerrot. Es ist eine ungeheure und feurige Kraft, die hinter der Verführung steckt. Sie hat sieben Köpfe und zehn Hörner. Sieben wie die sieben Geister um den Thron, wie die Tage der Schöpfung und wie die Zahl des Männlichen und die Zahl des Weiblichen zusammen. Und zehn wie die zehn Plagen und die zehn Gebote. Zehn ist die Zahl der Vollendung. Mit seinen zehn Hörnern besitzt der Drache ein perfektes Waffenarsenal. Wie die Sieben ist zehn eine heilige Zahl. Der Drache ahmt das Göttliche äußerlich nach, aber seine Kraft hat die Richtung "weg von Gott", "selbst Gott sein", "ihm trotzen". (3)

Um seine Macht zu zeigen, fegt er gleich ein Drittel der Sterne vom Himmel und wirft sie auf die Erde. Im Gegensatz zu der Frau, die einen Kranz von Sternen als Kopfschmuck trägt, will der Drache das Wunder der Schöpfung vernichten. Die ungeschliffene natürliche Schönheit hält er nicht aus, sondern er stellt ihr sein selbstgemachtes und poliertes Diadem gegenüber. (4)

Und doch ist auch der Drache eine göttliche Erscheinung. Genau betrachtet ist er die Kraft der Selbstentäußerung Gottes. Durch den Wunsch Gottes nach einem Gegenüber, durch das er erkannt werde, schuf er diese Kraft. Denn bevor Gott sich in seiner Schöpfung selbst erkennen kann, muß die Schöpfung sich von ihm lösen und selbständig werden. Sie muß zunächst sich selbst behaupten und glauben, sie wäre unabhängig, bis durch die zunehmende Entfernung von Gott die Schmerzen der Entfremdung in den Prozeß des Gerichts münden, in dem sich die Illusion der Selbständigkeit auflöst und in dem die Sehnsucht sie umkehren läßt, sodaß sie schließlich wieder ihren Grund und Ursprung erkennt. Die von Gott wegstrebende Kraft des Drachens ist also eine für den Prozeß der Selbsterkenntnis Gottes notwendige Kraft. Das Feuer des Protests, das aus seinem Rachen schlägt, und die Finsternis, die ihn umgibt, sind also die Phänomene des notwendigen Durchgangsstadiums.

Es sieht so zwar aus, als ob der Drache eine Gott entgegengesetzte Kraft wäre, doch diese Kraft hilft nur, die ursprüngliche Sehnsucht zu erfüllen. Und ohne sie könnte Gott nicht zu sich selber finden. Das gilt es bei allem Weiteren zu bedenken, um nicht in den Irrtum der Gnostiker zu verfallen, die meinen, das Böse sei ein eigenständiges Prinzip. (3f.)

Diese nach Unabhängigkeit und für-sich-Sein strebende Kraft also, der Drache, steht vor der gebärenden Frau, der sich selbst verschenkenden Kraft, und wartet darauf, ihr "Kind" zu verschlingen. Und die Frau läßt sich nicht beirren. Sie gebiert ihr Kind trotzdem. Einerseits scheint sie zwar der Macht des Bösen völlig ausgeliefert zu sein, andererseits aber sehen wir sie mit ihren kosmischen Insignien sicher stehen, in sich selbst ruhend und gelassen. Sie hat keine Angst. Sie läuft nicht weg vor dem Drachen. Sie vollbringt ihre schöpferische Tat trotz der drohenden Vernichtung.

Und sie gebiert etwas Männliches, einen Herrscher - nicht von der Art des Drachen, sondern von ihrer eigenen Art, sie gebiert den Menschensohn. Und während der Drache die Menschenkinder wegführt von ihrem Ursprung, von Gott, bringt der Menschensohn sie wieder zurück. Alle Völker weidet er mit einem unzerbrechlichen Hirtenstab. Durch sein Gericht zwingt er sie, das Abdriften zu stoppen und umzukehren.

Der Sohn also ist die andere Kraft, die die Umkehr bewirkt. Der Sohn ist ja das Ebenbild, das im Kern eines jeden Menschen da ist. Und Frieden ist nicht möglich, solange das Ebenbild nicht mit dem Urbild vereint ist. Der eiserne Hirtenstab des Sohnes ist die ewige Sehnsucht nach Heimkehr, die schließlich irgendwann die Umkehr erzwingt. (5a)

Doch zunächst ist diese Kraft noch ohnmächtig und schutzbedürftig. Und sie wird dem Drachen nicht ausgesetzt. Der Sohn wird entrückt, "fortgerissen" zu Gott und seinem Thron. (5b)

Und auch die Frau bleibt der vernichtenden Kraft des Drachens nicht ausgesetzt. Sie findet Zuflucht in der Wüste. Da hat Gott ihr einen Platz bereitet.

Immer ist der Ort des Schöpferischen die Wüste. Die Not, der Mangel, das Vakuum sind die Basis der Schöpfung. "Not macht erfinderisch." In der kargen Einsamkeit sammeln sich die Kräfte. Was für die anderen ein Horror wäre und der sichere Tod, ist für den, der von Gott kommt, die Rettung, denn für ihn oder sie kommt hier Nahrung von Gott, das Manna. Die Israeliten konnten so überleben, ebenso der Prophet Elias, und auch Johannes der Täufer und Jesus sammelten hier ihre Kraft.

Und wieder dauert der Aufenthalt hier dreieinhalb Jahre lang, dreieinhalb, die Hälfte eines vollständigen Zyklus. Für die Auserwählten ist die Zeit des Leidens also abgekürzt. (6)
 
 
 
 
 
 

28... 12, 7-12: Der Sturz des Drachen
 

(7) Und ein Krieg entstand im Himmel. Der "Wer ist wie Gott" ("Michael") und seine Engel führen Krieg mit dem Drachen. Und der Drache führte Krieg und seine Engel, (8) doch er schaffte es nicht. Und ihr Platz war im Himmel nicht mehr zu finden.

(9) Und der große Drache wurde geworfen. Die alte Schlange, die Teufel heißt, und der Satan, der den ganzen Erdkreis irreführt, er wurde auf die Erde geworfen. Und seine Engel wurden mit ihm geworfen.

(10) Und ich hörte eine laute Stimme im Himmel, die sagte: Jetzt ist es da, das Heil und die Kraft und das Königtum unseres Gottes und die Macht seines Gesalbten, weil der Ankläger unserer Brüder gestürzt wurde, der sie vor unserem Gott bei Tag und bei Nacht verklagte.

(11) Und sie besiegten ihn durch das Blut des Lammes und durch das Wort ihres Zeugnisses. Und sie liebten ihr Leben nicht bis zum Tod. (12) Deswegen freut euch, ihr Himmel und die in ihnen zelten!

Wehe der Erde und dem Meer, weil der Teufel mit großer Wut zu euch hinabstieg, wissend, das er wenig Zeit hat.
 

Das Kind und die Frau sind in Sicherheit, sie auf der Erde und das Kind bei Gott. Der Kampf aber findet zunächst im Himmel statt. Da kämpft der Drache gegen den Erzengel Michael, den Wächter des Paradieses. (7a)

Der Drache befindet sich im Himmel, er ist ein himmlisches Wesen. Er will sich Gott gegenüberstellen, ihm gleich sein. Deshalb fordert er den "Wer ist wie Gott?" heraus. Der Drache kann diesen Kampf nicht gewinnen. Er ist doch nur eine geschaffen Kraft, eine isolierte Tendenz aus dem Wunsch Gottes, sich ein Gegenüber zu schaffen, nämlich die Kraft, die das Gegenüber möglich macht durch die Entfernung von Gott. (7f.)

Indem er sich Gott aber gegenüber stellt - wie es seiner Natur entspricht - verliert der Drache seinen Platz im Himmel, sein Ort ist da nicht mehr auffindbar. Samt seinen Boten findet er sich auf die Erde geworfen. Und jetzt erfahren wir die irdischen Namen des Drachen: "alte Schlange", "Teufel", "Satan". Das ist der Drache für die Menschen.

Typisch an den Schlangen ist ihre wellenförmige Fortbewegungsart. Die Welle ist auch das Symbol der Zeit und der Vergänglichkeit. Typisch ist auch ihre Geräuschlosigkeit. Heimtückisch schleichen sie und unvermutet sind sie plötzlich da. Und genauso schleichen sich bei den Menschen die verführerischen Gedanken ein und schlüpfen durch alle Sicherungen hindurch.

Die alte Schlange wird auch "Teufel" genannt, "Diabolos", d.h. Verleumder, Verwirrer. Sie spielt ein durchtriebenes Spiel. Auch das Wort "Satan" hat die gleiche Bedeutung. Der Satan ist der "Störer", weil er von je her den Weg der Menschen zu Gott stört. Den ganzen Erdkreis führt er in die Irre. Aber im Himmel hat er ausgespielt. Dort wurde er durch Michael hinausgeworfen. (9)

Und von dort kommt jetzt wieder eine Stimme und sie verkündet die vollbrachte Erlösung: Die Kraft des Unheils ist besiegt. Und das Heil und die Kraft und das Königtum Gottes steht im Himmel ungefährdet und konkurrenzlos da. Auch wenn auf der Erde der Kampf erst bevorsteht, im Himmel ist die Erlösung schon vollbracht, denn der, der unsere Brüder vor Gott verklagt hat, ist hinausgeworfen worden. (10)

Die Brüder selbst haben ihn besiegt durch das Blut des Lammes.

Allein das Lamm konnte das Buch mit den sieben Siegeln öffnen. Absicht kann das Geheimnis des Lebens nicht durchdringen, nur die Unschuld kann es. Absicht liebt das Leben und hält es fest, Unschuld läßt es los, wenn die Wahrheit es verlangt. In Jesus ist die Unschuld des Lammes erschienen und viele sind ihm nachgefolgt. Und damit haben sie die Anklage, die die alte Schlange erhoben hat, entkräftet und den Ankläger selbst als Lügner entlarvt.

So wie Jesus vor Gott angeklagt und in seinem Namen zum Tode verurteilt verurteilt worden ist, so wurden auch seine Nachfolger vor Gott angeklagt und in seinem Namen verurteilt. Aber daß die Wahrheit ihnen lieber war als ihr Leben, hat den Ankläger besiegt. (11)

Die Himmel und die darin wohnen, freuen sich. Ihre Not ist zuende. Aber wehe der Erde, denn ihren Bewohnern steht der Kampf erst bevor. Und ihr Gegner ist zu allem entschlossen, denn er weiß, daß seine Zeit beschränkt ist.

Die Sphäre der Zeit ist immer beschränkt, unbeschränkt ist nur die Ewigkeit. Die Zeit der Absicht und der Berechnung, die Zeit der Vorstellungen und Identifikationen geht irgendwann zuende. Dann kommt die Stunde der Wahrheit. Deshalb arbeitet der Teufel mit aller Kraft. Er ist wütend, weil sein wie Gott Sein nicht anerkannt wurde und in dieser Wut arbeitet er wie besessen, um sich zu beweisen, obwohl er schon weiß, daß er bereits besiegt ist, daß er bereits aus dem Himmel hinausgeworfen worden ist. - Und genau diese Wut erleben auch wir, wenn wir bemerken, daß unsere gescheiten Pläne nicht ziehen, wenn wir sehen, daß unser Versuch zu beweisen, daß wir wer sind, nicht angenommen wird. (12)
 
 
 
 
 

29... 12, 13-18: Der Drache beginnt den Kampf gegen die Frau
 

(13) Und als der Drache sah, daß er auf die Erde geworfen wurde, verfolgte er die Frau, die den Männlichen geboren hatte. (14) Und der Frau wurden zwei Flügel des großen Adlers gegeben, damit sie in der Wüste zu ihrem Ort fliege, dort wo sie genährt wird eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit, geschützt vom Anblick der Schlange.

(15) Und die Schlange warf aus ihrem Maul Wasser hinter der Frau her, wie einen Strom, um sie vom Strom fortschwemmen zu lassen.

(16) Und die Erde half der Frau. Und die Erde öffnete ihren Mund und die trank den Strom auf, den der Drache aus seinem Mund geschleudert hatte.

(17) Und der Drache wurde zornig auf die Frau. Und er ging fort, um mit den übrigen ihrer Nachkommenschaft Krieg zu machen, mit denen, die die Gebote Gottes bewahren und die das Zeugnis von Jesus haben.

(18) Und er stellte sich auf den Sand des Meeres.
 

Der Drache und die Frau sind die beiden Erzfeinde von Anfang an, die Frau eben als das schöpferische Prinzip, das unter Schmerzen gebärt, und der Drache als die Kraft des für sich Seins, der Absonderung, der Entfernung vom Ursprung. Diese Kraft hat den Menschen das Paradies genommen und diese Kraft wird immer hinter dem Schöpferischen und den Geschöpfen her sein, genau so wie es in der Geschichte von der Vertreibung aus dem Paradies beschrieben wird:

"Und Feindschaft will ich setzen zwischen dich und das Weib und zwischen deinem Samen und ihrem Samen. Er wird dir den Kopf zermalmen und du wirst ihn in die Ferse stechen." (Gen 3, 15).
 

Der Drache und die Frau, beide sind jetzt auf der Erde. Im Himmel ist ihre Auseinandersetzung bereits gelöst. Doch die Irdischen werden damit erst konfrontiert. Im Himmel hat der Drache den Kampf bereits verloren, so versucht er jetzt hier auf Erden sein Glück und er verfolgt die Frau, die den Männlichen geboren hat. (13)

Das Männliche, das aus dem schöpferischen Prinzip hervorgeht, strebt himmelwärts. Es wird die Wegbewegung, die von der Schlange kommt, schließlich umkehren. Das weiß die Schlange - und wie die Könige Nimrod, Pharao und Herodes, versucht sie, das Kind zu töten, doch das Kind wird entrückt und die Mutter wird in die Wüste versetzt. Als der Drache seinen Stand im Himmel verliert und sich auf die Erde geworfen sieht, jagt er der Frau nach, doch der Frau werden Flügel des Adlers gegeben, damit sie in der Wüste zu ihrem Ort fliegen kann. (13f.)

Wenn sich das schöpferische Prinzip von der Kraft der Entfremdung bedroht sieht, wachsen ihm Flügel. Die schöpferische Kraft der Künstler in Not ist bekannt. Sie ist ein Beispiel für das Wachsen solcher Flügel. Auch den Israeliten wuchsen auf ihrer Flucht aus Ägypten gewissermaßen Flügel, durch die sie der Verfolgung durch den Pharao entkommen konnten. Auch als die Israeliten in der Babylonischen Gefangenschaft von der völligen Auslöschung bedroht waren, wuchsen ihnen Flügel und sie konnten in ihre Heimat zurückkehren und wurden sogar voll rehabilitiert.

Auch die Sprünge in der Evolution sind wie das Wachsen solcher Flügel. Ein Beispiel: Es gibt eine Wasserschildkrötenart, die im Fluß lebt und die sich von ihren Artgenossen im Meer nur durch ein winziges Detail unterscheidet, einen seltsamen Auswuchs auf der Zunge. Die Wissenschaftler nehmen als sicher an, daß diese Schildkrötenart von der anderen im Meer abstammt und daß sich ein evolutionärer Sprung ereignet hat. Nur, bei der nahezu unendlichen Zahl möglicher zufälliger Mutationen ist gerade diese sehr unwahrscheinlich. Verständlich wird die Veränderung aber, wenn wir uns in die Lebenssituation der Tiere hineinversetzen:

Jeder, der das Meer und die Fülle der Lebewesen darin kennt, weiß, daß es hier nicht schwer ist, Beute zu finden. Schon mit relativ wenig Anstrengung kann eine Schildkröte da einen Fisch erjagen. Im Fluß jedoch ist die Lage anders. Im Fluß sind die Fische viel scheuer und viel wendiger. Eine Schildkröte hat es da nicht leicht, ihren behäbigen Körper so zu steuern, daß sie einen Fisch zu fassen kriegt. Und so könnte es gut sein, daß so manche dieser in den Fluß abgewanderten Schildkröten an Hunger starb. Umso größer aber die Not wurde, umso genauer beobachteten die Überlebenden die Gewohnheiten ihrer Beutetiere. Und da war es gewiß ein zu seinem vollem Bewußtsein gekommenes Tier, in dem das Beobachtete zu einer biologischen

Mutation führte. Diese Schildkröte sah immer wieder ein Bild: Aus dem Boden des Flusses windet sich ein Wurm und das sieht ein Fisch und schon ist er da, um ihn zu fressen. "Ein solcher Wurm müßte sich in meinem Maul winden! Dann bräuchte ich nur mit offenem Maul in einer Ecke stehen und warten. Und jedesmal, wenn ein Fisch vorbeischwimmt, ringelt sich der Wurm aus meiner Zunge heraus und erregt die Aufmerksamkeit des Fisches. Der, gierig nach der fetten Beute, will den Wurm fassen, und da klappe ich mein Maul zu und der Fisch gehört mir. Das wäre die Lösung!" Und in diesem Bewußtsein und in der Todesnot, in der sich dieses Tier befand, entwickelte sich ein Ei und wurde befruchtet. Und dieses Ei hatte etwas Neues. Als das Tier später seine eigene Nahrung finden mußte, hatte es das geeignete Instrument: den Wurm aus der Zunge. Und es wußte auch schon, ihn einzusetzen!

Immer wieder kommt die Rettung in höchster Todesnot. So kommt das Manna zu den Israeliten in der Wüste. Und so kommt der Heilige Geist zu den Aposteln. Sie alle, die sich der schöpferischen Kraft ganz zur Verfügung stellen, werden an einen sicheren Ort geführt. Und dort werden sie genährt, eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit, also wieder dreieinhalb, die Hälfte eines vollständigen Zyklus von sieben, lange genug, damit sich das, was sich ihnen entrungen hat, entwickeln kann und lange genug, um sich zu erholen und vorzubereiten auf den bevorstehenden Kampf. (14)

Die Schlange aber gibt noch nicht auf. Sie speit einen Strom von Wasser hinter der Frau her, um sie in den Fluten zu ertränken. Doch die Erde öffnet ihren Schlund und trinkt den Strom auf. Der Pharao schickt seine Truppen hinter den Israeliten her, doch sie werden vom Roten Meer verschlungen. Die Juden schicken ihre Häscher hintern den Anhängern Jesu her, doch letzten Endes setzen diese sich durch.

Der Strom, den der Drache ausspeit, ist auch etwas Geistiges. Die Gefahr, die vom Drachen ausgeht, erscheint ja auch im Bewußtsein der Frau. Sie hat Angst und damit ist der Strom des Drachen schon in ihr. Doch auch in ihr tut die Erde ihren Mund auf und verschlingt den Strom. Die Frau hat Vertrauen und in dem Vertrauen versiegt ihre Angst. (15f.)

Daß er der Frau nichts anhaben kann, macht den Drachen zornig. Und er versucht sich an ihr zu rächen, indem er ihre Nachkommenschaft bedroht, diejenigen, die dem Männlichen folgen, die bereits auf dem Weg sind zurück ins Paradies. Sie müssen sich nun in dem Kampf bewähren. Ihre Entschlossenheit muß sich zeigen. Durch süße Verführung und durch brutale Bedrohung wird er versuchen, sie vom Weg abzubringen. (17)

Und in dieser Absicht stellt er sich an den Strand des Meeres. (18)
 

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Zur Vorbemerkung
Zum Beginn des Kommentars: Der Mensch, der sehen kann, was es mit dem menschlichen Leben auf sich hat (1-6)
Zu den Adressaten des Sehers:
Die Menschen, an die er sich wenden kann, bei denen eine Aussicht besteht, daß sie seine Botschaft hören (7-13)
Zu: Gewisse Menschen haben eine vollkommene Einsicht in das Wesen des Lebens (14)
Zu: Die meisten Menschen begreifen das Leben nicht; sie finden nur falsche Antworten (15)
Zu: Die ersten sechs Geheimnisse des Lebens (16)
Zu: Die Besiegelung derer, die sich besinnen (17-18)
Zu: Das siebte Siegel: Zunächst Stille, die Ruhe vor dem Sturm (19)
Zu: Sie ersten sechs "Trompeten" (Warnrufe) (20-22)
Zu: Himmlische Botschaften werden an die gepeinigte Menschheit gesandt (23-25)
Zu: Die siebte Trompete: Gottes Herrschaft ist wiederhergestellt (26)
Zu: Die spektakulären, aber illusionären Phänomene des Ego verführen die meisten (30-32)
Zu: Die Wahrheit zeigt sich (33-42)
Zu: Eine Zeit der Harmonie, die Wiederkehr des Ego und seine erneute Zerstörung (43-44)
Zu: Angesichts des Todes zeigt sich die Wirklichkeit (45)
Zu: Das Leben nach der Vernichtung des Ego (46-48)
Zu: Das eben Beschriebene wird in Kürze geschehen (49)

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