Die meisten Menschen begreifen das Leben nicht; sie finden nur falsche Antworten








15... 5,1-14: Das Buch mit den sieben Siegeln
 

(1) Und in der Rechten dessen, der auf dem Thron sitzt, sah ich ein Buch, beschrieben innen und hinten und versiegelt mit sieben Siegeln.

(2) Und ich sah einen starken Engel mit lauter Stimme verkünden: Wer ist würdig, das Buch zu öffnen und seine Siegel zu lösen? (3) Und keiner im Himmel noch auf der Erde noch unter der Erde konnte das Buch öffnen, noch in es hineinsehen. (4) Und ich weinte sehr, daß keiner würdig befunden wurde, das Buch zu öffnen, noch in es hineinzusehen. (5) Doch einer der Ältesten sagt mir: Weine nicht! Sieh, es siegte der Löwe, der aus dem Stamm Juda, die Wurzel Davids, vermochte das Buch und seine sieben Siegel zu öffnen.

(6) Und inmitten des Thrones und der vier Lebewesen und inmitten der Ältesten sah ich ein Lamm stehen, wie geschlachtet; es hat sieben Hörner und sieben Augen, welche die sieben Geister Gottes sind, ausgesandt auf die ganze Erde. (7) Und es kam und empfing das Buch aus der Rechten dessen, der auf dem Thron sitzt.

(8) Und als es das Buch empfing, fielen die vier Lebewesen und die vierundzwanzig Ältesten vor dem Lamm nieder; und jeder hat eine Kithara und goldene Schalen voller Räucherwerk, welche die Gebete der Heiligen sind; (9) und sie singen ein neues Lied, das heißt: Würdig bist du, das Buch zu empfangen und seine Siegel zu öffnen, weil du geschlachtet worden bist und weil du durch dein Blut Menschen aus jedem Stamm und jeder Zunge und jedem Volk und jeder Völkerschaft für Gott gekauft (10) und sie für unseren Gott zu einem Königtum gemacht hast und zu Priestern; und sie werden auf der Erde herrschen.

(11) Und ich sah und ich hörte eine Stimme von vielen Engeln rings um den Thron und die Lebewesen und die Ältesten, und ihre Zahl war zehntausendmal zehntausend und tausendmal tausend; (12) und sie sagen mit lauter Stimme: Würdig ist das geschlachtete Lamm, die Kraft zu empfangen und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Ruhm und Segen. (13) Und jedes Geschöpf, das im Himmel ist und auf der Erde und unter der Erde und auf dem Meer und alles in ihnen, hörte ich sagen: Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm der Segen und die Ehre und der Ruhm und die Macht in die Äonen der Äonen. (14) Und die vier Lebewesen sagten: Amen. Und die Ältesten fielen nieder und huldigten.
 

Wie oft sind wir wie Johannes traurig darüber, daß wir das Buch des Lebens nicht öffnen können, daß wir für unser Problem keine Lösung finden. Himmel und Erde suchen wir ab, dieses oder jenes, dieser oder jene, glauben wir, könnte uns retten, doch alles erweist sich letztlich als vergeblich, die letzte Antwort bleibt verborgen. Und so sind wir traurig, und nach der langen Suche vielleicht sogar verzweifelt und wir wollen schon aufgeben, als plötzlich die Antwort kommt: "Weine nicht!" Es stimmt zwar, daß niemand im Himmel oder auf der Erde oder unter der Erde das Buch öffnen kann - und doch ist da einer, der es öffnen kann. Und dieser Eine ist nichteinmal weit weg, er ist nicht irgendwo außerhalb. Es ist etwas an deinem eigenen innersten Wesen, das alle Aufgaben löst und das alle Siegel zu öffnen vermag.

Das Buch mit den sieben Siegeln ist das Buch des Lebens. Das Geheimnis der menschlichen Existenz ist verborgen für alle, außer einem, dem Lamm. (1-5)
 

Aber warum sollte niemand im Himmel würdig sein, das Buch zu öffnen?

Das erinnert an die buddhistische Aussage, daß die Erlösten nicht im Himmel zu finden sind, denn in den Himmel kommt ein Mensch aufgrund seiner guten Taten, also wegen seines guten Karma, aber die Erlösung liegt in einem Bereich jenseits des Karma, im Nirvana. Sogar die Götter, sagen die Hindus, müssen erst als Menschen wiedergeboren werden, um erlöst werden zu können. Und der Himmel sei nicht etwas Endgültiges, sondern etwas Vergängliches.

In unseren Kulturkreis übersetzt ist Karma etwas, das mit dem Sündenfall ins Leben der Menschen gekommen ist. Der Sündenfall besteht darin, daß die Menschen dem göttlichen Willen ihren eigenen entgegenstellen. Sie nehmen nicht mehr an, was kommt, sondern sie wollen selber bestimmen. Und damit lösen sie sich auch von der zielsicheren göttlichen Führung. Sie haben ihre eigenen gut-schlecht-Kriterien - die letzten Endes allerdings nicht zum Glück führen, sondern ins Unglück. Und von da an suchen die Menschen nach einer Lösung, nach Erlösung. Und sie lernen schließlich, das Unglück als Folge ihres Tuns zu begreifen. Und sie sehen, daß manche Taten in der langen Sicht gute und andere ungute Folgen haben. Sie entdecken das Gesetz des Karma. Und mit ihm entdecken sie so etwas wie das göttliche Gesetz, das sie in moralischen Kategorien formulieren, in Geboten. Indem die Menschen diesen Geboten folgen, lösen sie sich von ihrer Eigenmächtigkeit und sie werden wieder fähig, sich ganz dem göttlichen Willen anzuvertrauen; und nun werden sie auch von den Geboten erlöst, weil sie den göttlichen Willen unmittelbar wahrnehmen können. Und von da an gibt es kein Karma mehr für sie. Sie leben im Nirvana, wie Jesus, wie Buddha.

Die Phase, in der ein Mensch Karma erzeugt ist die Phase zwischen

Sündenfall und Erlösung. In dieser Phase regiert der menschliche Wille, d.h. die Absicht. Jede absichtliche Tat erzeugt Karma, d.h. sie greift ein in den natürlichen Fluß der Dinge, sie hat künstliche Folgen und, je nach der Art der Tat, angenehme oder unangenehme Folgen. Wenn ein Mensch viele guten Taten aufweisen kann, dann haben diese Taten viele gute Folgen; der Himmel ist der Lohn für gute Taten. Der Himmel ist der Ort der Menschen guter Taten.

Aber niemand im Himmel ist würdig, das Buch des Lebens zu öffnen, nur das Lamm würdig.

Die Menschen im Himmel folgen immer noch ihrem eigenen Willen, auch wenn dieser Wille schon geläutert ist. Es ist wie wenn ein künstlicher Vorgang dem natürlichen schon sehr stark angenähert ist, es bleibt ein Rest des Festhaltens am Eigenen, ein Rest Mißtrauen. Das Lamm dagegen ist Symbol für völliges Vertrauen. Es läßt sich ohne Widerspruch sogar zur Schlachtbank führen.

In jedem Menschen gibt es die Sehnsucht nach dieser völligen Unschuld und nach totalem Vertrauen, in jedem Menschen wartet das Lamm darauf, daß es hervortreten darf.

Das Lamm unterscheidet nicht mehr zwischen gut und schlecht, es nimmt, was kommt. Im Lamm ist der Sündenfall überwunden. Aus diesem Grund ist niemand im Himmel, auf der Erde, noch unter der Erde würdig, das Buch zu öffnen, nur das Lamm.

Und deshalb erscheint das Lamm inmitten des Thrones und der vier Lebewesen und inmitten der Ältesten, "wie geschlachtet". Jeder weiß, daß Johannes auf Jesus anspielt und doch spricht er es nicht aus. Er vermeidet die Einengung auf eine historische Person, er hält das Bild offen für alle, er weckt die Sehnsucht nach dem Lamm in uns, unsere Sehnsucht nach Hingabe. (6a)

Das Lamm hat "sieben Hörner und sieben Augen, und das sind die Geister Gottes, die ausgesandt sind auf die ganze Erde".

Das Lamm ist nicht allein und es ist nicht wehrlos. Die Geister Gottes sind mit ihm, "geschickt auf die ganze Erde", also zu allen Menschen, weil das Lamm ja in allen Menschen erscheinen soll. Durch die Geister Gottes sieht das Lamm alles, was für es von Bedeutung ist. Und wenn es notwendig ist, kämpfen die Geister Gottes für das Lamm - wie die zwölf Legionen Engel, von denen Jesus bei seiner Verhaftung gesprochen hat, und die ihm der Vater zur Verfügung gestellt hätte, wenn es notwendig gewesen wäre. Weil das Lamm sich so vollkommen beschützt und aufgehoben weiß, kann es sich auch ganz hingeben. Es weiß, daß es keine Angst zu haben braucht, weil immer nur das Beste geschieht. Und sogar wenn es geschlachtet wird, ist das Lamm nicht verloren, sondern aufgehoben, ja hinaufgehoben auf den Thron des Vaters, seines Schöpfers. Und da sieht es Johannes in diesem Augenblick, wie es das Buch empfängt, dessen Siegel niemand lösen kann, als nur das Lamm. (7)

Und als das Lamm die Buchrolle empfängt, fallen die vier Lebewesen und die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem Lamm und sie verehren es, weil das Göttliche jetzt in seiner Gestalt erscheint, weil das Lamm zum Symbol des Einsseins geworden ist. Und sie tragen goldene Schalen in ihren Händen, aus denen die Gebete der Heiligen aufsteigen wie Weihrauch. (8)

Und ein jeder von ihnen spielt ein Instrument, sein Originalinstrument. Jeder spielt seine authentische Rolle in der göttlichen Sinfonie der Schöpfung. Und weil das Authentische nie auch nur geprobt, sondern vollkommen spontan ist, singen sie alle ein ganz neues Lied. Und aus dem tiefsten Grund ihrer Seele kommt ein Lied für das Lamm (9a):
 

"Würdig bist du, das Buch zu empfangen und seine Siegel zu öffnen, denn du wurdest geschlachtet und durch dein Blut hast du für Gott Menschen gekauft aus jedem Stamm, jeder Sprache, jedem Volk und jeder Rasse und du hast sie für unseren Gott zu einem Reich und zu Priestern gemacht und sie werden Könige sein über die Erde."
 

Das Vertrauen des Lammes geht über die Grenze des Todes hinaus, weil das Buch des Lebens für es kein Geheimnis mehr ist. Der Schleier, der sich durch den Sündenfall über die Bewußtheit der Menschen gelegt hat, existiert für es nicht. Für das Lamm ist das Nichtwissen aufgehoben. Es versteht das Schicksal der Menschen und den Prozeß des Gerichts, der notwendig ist, damit sie sich lösen können von dem "Ich", das sie sich aufgebaut haben, Gott zum Trotz, und deshalb kann es den Menschen ein Beispiel geben:

Und indem es sein Leben hingibt, bewegt es Menschen aus allen Völkern dazu, sich ebenso hinzugeben. Und durch sie alle ersteht Gottes Reich auf Erden und sie alle sind Priester, weil sie unmittelbar mit Gott verbunden sind und sie werden Könige sein, denn es gibt niemand über ihnen, und sie werden auf der Erde herrschen, weil sie alles und alle verstehen und weil sie durch ihr Wissen auch in den Unwissenden den göttlichen Kern berühren und zur Entfaltung bringen können. (9f.)

Und Johannes hört die Stimme von vielen Engeln und auch die Lebewesen und die Ältesten und tausende und abertausende um den Thron rufen:
 

"Würdig ist das geschlachtete Lamm, zu empfangen die Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Ruhm und Segen." (11f.)
 

Dem, der sich hingibt, wird alles andere hinzugegeben, und da ist keiner, der anderer Meinung wäre. Jedes Geschöpf, ohne Ausnahme, stimmt ein in den Chor derer um den Thron und sie alle sagen:
 

"Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm der Segen und die Ehre und der Ruhm und die Macht in alle Ewigkeit."
 

Ganz gleich wie weit ein Mensch von Gott entfernt zu sein scheint, ein jeder spürt die Wahrheit, ein jeder wird bewegt durch die sich selbst verströmende Liebe dessen, der auf dem Thron sitzt und des Lammes. Bewußt oder unbewußt wissen alle: Das Lamm ist das menschliche Ebenbild Gottes, in ihm hat Gott, nach dem langen Abstieg in die völlige Entäußerung, wieder zu sich selbst zurückgefunden, in ihm ist er wirklich zum Bewußtsein seiner selbst gelangt. Im Lamm sieht Er selbst sich "von Angesicht zu Angesicht". Und das wird so sein in alle Ewigkeit. Und alle wissen das und die vier Lebewesen sagen: "Amen."

Und die Ältesten fallen nieder und erweisen ihm die Ehre. Die Ältesten haben den ganzen Prozeß von Sündenfall, Gericht und Auferstehung an sich selbst erfahren. Sie machen sich nichts mehr vor, sie wissen, was Sache ist. Und deshalb beanspruchen sie die Ehre nicht mehr für sich selbst, sondern sie erweisen sie dem, dem allein sie zukommt. (13f.)
 

Weiter zu: Die ersten sechs Geheimnisse des Lebens (16)

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Zur Vorbemerkung
Zum Beginn des Kommentars: Der Mensch, der sehen kann, was es mit dem menschlichen Leben auf sich hat (1-6)
Zu den Adressaten des Sehers:
Die Menschen, an die er sich wenden kann, bei denen eine Aussicht besteht, daß sie seine Botschaft hören (7-13)
Zu: Gewisse Menschen haben eine vollkommene Einsicht in das Wesen des Lebens (14)
Zu: Die ersten sechs Geheimnisse des Lebens (16)
Zu: Die Besiegelung derer, die sich besinnen (17-18)
Zu: Das siebte Siegel: Zunächst Stille, die Ruhe vor dem Sturm (19)
Zu: Sie ersten sechs "Trompeten" (Warnrufe) (20-22)
Zu: Himmlische Botschaften werden an die gepeinigte Menschheit gesandt (23-25)
Zu: Die siebte Trompete: Gottes Herrschaft ist wiederhergestellt (26)
Zu: Die Frau und der Drache (27-29)
Zu: Die spektakulären, aber illusionären Phänomene des Ego verführen die meisten (30-32)
Zu: Die Wahrheit zeigt sich (33-42)
Zu: Eine Zeit der Harmonie, die Wiederkehr des Ego und seine erneute Zerstörung (43-44)
Zu: Angesichts des Todes zeigt sich die Wirklichkeit (45)
Zu: Das Leben nach der Vernichtung des Ego (46-48)
Zu: Das eben Beschriebene wird in Kürze geschehen (49)

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